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01.09.2011
Weingut Loimer
Millionen Jahre jung
1988 übernahm der gerade mal 24-jährige Fred Loimer den acht Hektar grossen Weinbaubetrieb seines Vaters Alfred im österreichischen Langenlois. Der Senior hatte zeit seines Winzerlebens vor allem die örtliche Gastronomie mit sogenannten Dopplern beliefert, preiswerte Zwei-Liter-Flaschen mit gefälligen, ortstypischen Weinen. Der Junior aber hatte andere Pläne und sollte die klobigen Glasbrummer bald austauschen gegen Bouteillen. Auch bezüglich des Inhalts führte er einiges im Schilde.
Fred Loimer war eben zurück von einem Praktikum jenseits des grossen Teiches. Dort hatte er beim ausgewanderten Deutschen Walter Schuch, der aus dem Rheingau kam und in Kalifornien zu einem Topwinzer aufgestiegen war, drei Monate einem ambitionierten, leidenschaftlichen Winzer über die Schulter geschaut. Voller Tatendrang und mit einem Kopf randvoll von Ideen kehrte er in den elterlichen Betrieb zurück.
Die ersten Jahre waren schwer. Loimer experimentierte im Anbau mit neuen Erziehungsarten der Reben, hielt sich im Keller mit Eingriffen zurück, probierte und tüftelte. Er kämpfte mit den launenhaften Witterungseinflüssen und den anfangs geringen Ernten. Aber die Bemühungen zahlten sich bald aus. Anfang der neunziger Jahre wurden die Medien auf den unerschrockenen Winzer aus Langenlois aufmerksam. Ein im Barrique ausgebauter Chardonnay aus seinem ersten Jahrgang 1988 wurde bereits mit Komplimenten überhäuft. Zu diesen frühen Erfolgen hatte Nachbar und Freund Willi Bründlmayer einen grossen Anteil beigetragen, hatte den Nachwuchswinzer immer wieder dazu angespornt, seine Weine zu Verkostungen einzureichen und geizte auch sonst nicht mit Rat und Tat. «Willi habe ich viel zu verdanken», meint Loimer im Rückblick.
Schon in seinen ersten Versuchen mit grossen Laubwänden und Trauben in Bodennähe bewegte sich Loimer in Richtung biologischer Weinbau. Im Friaul lernte er einen sanften Rebschnitt, der das Holz schont und grössere Wunden vermeidet. 2006 kam dann die Umstellung auf biodynamischen Anbau. Obwohl die Anbaufläche des Betriebs sich über die Jahre vervielfacht hat, wurde immer von Hand geerntet. Es gelte, die Entwicklung in der Natur sehr genau zu beobachten, um das Auftreten von Gefahren durch Schädlinge oder Krankheiten rechtzeitig zu erkennen, meint Loimer. Nur so kann der Wahlspruch, mit dem das Weinbaugebiet Kamptal so gekonnt für sich wirbt – «Millionen Jahre jung» –, in den Loimerschen Weinen tatsächlich erlebbar werden.
Wachau oder Kamptal?
Langenlois, die Heimatstadt von Fred Loimer, wird gelegentlich immer noch der populären Wachau zugeschlagen. Das liegt vielleicht daran, dass das Weinbaugebiet Kamptal erst seit rund 15 Jahren selbstständig ist. Es hat in den letzten Jahren deutlich an Profil gewonnen. Immer mehr Erzeuger nutzen die guten klimatischen Eigenschaften und das Terroir mit viel Löss und Urgestein auf originelle und kompetente Weise. Die Anbaufläche beträgt knapp 4000 Hektar, etwa die Hälfte davon entfällt auf Grüner Veltliner. Rote Sorten haben nur einen Anteil von etwa 15 Prozent.
Der berühmte Heiligenberg,
weitgehend terrassiert, rückt noch vor Langenlois ins Blickfeld, wenn man auf der Bundesstrasse 34 von Krems her anfährt. Dann ist am westlichen Stadtrand ein ungewöhnliches Bauwerk zu sehen. Je nach Wetterlage schimmert es stahlblau oder silbern. Es handelt sich um eine Schöpfung des New Yorker Stararchitekten Steven Holl, der hier nach eigenen Worten «die Geometrie eines Kellernetzes in eine abstrakte dreidimensionale Sprache umsetzte»“. Das benachbarte, noble Loisium-Hotel, im Herbst 2005 eröffnet, war mit seinen 82 Design-Zimmern, einer guten Küche und einer hervorragenden Weinauswahl eine echte Bereicherung für das vorher magere Übernachtungsangebot von Langenlois. Die Idee zu dem gesamten Komplex stammt von den drei Langenloiser Familien Haimerl, Nidetzky und Steininger, die ursprünglich nur ihre drei miteinander verbundenen Keller gemeinsam nutzen wollten.
Weingut Loimer
Haindorfer Vögerlweg 23, AT-3550 Langenlois
Das Überraschungspaket
2010 Riesling Terrassen Kamptal DAC
2012 bis 2015
Eine straffe, saftige, enorm würzige Cuvée aus verschiedenen gutseigenen Weingärten. Die eher leichtgewichtigen Weine (12 Vol.-%) wurden nach der Spontanvergärung im Stahl separat ausgebaut und dann im April zusammengeführt.
Mariage
Leichte sommerliche Gerichte, raffinierte Salate, Huhn mit scharfer Würze – oder einfach solo geniessen.
2008 Grüner Veltliner Spiegel Kamptal DAC Reserve
2011 bis 2016
Ein guter Veltliner hat ein enormes Lagerpotenzial. Der 2008er, der typisch nach weissem Pfeffer duftet, ist sehr komplex und nach wie vor vital. Der Spontangärer wurde im grossen Holzfass ausgebaut und erst im August 2009 abgefüllt.
Mariage
Nudeln, Fisch mit sahniger Sauce, würziger Käse und klassische frittierte österreichische Gerichte wie Wiener Schnitzel oder Backhendl.
2008 Pinot Noir Langenloiser Terrassen
2011 bis 2016
Ein sehr typischer, filigraner Burgunder aus drei verschiedenen Rieden (Lagen) mit weichen Gerbstoffen, der auf der Maische vergoren wurde und dann in grösseren Holzfässern (500 bis 1250 Liter) reifte. Abfüllung im Mai 2010.
Mariage
Lamm, Rehrücken, Kaninchenbraten, Kutteln, Pasta, gebratener Fisch mit Olivenkruste.