Weingüter im Fokus
Grosse Namen, Geheimtipps und Senkrechtstarter

Weine mit Charakter, geschaffen von Persönlichkeiten. Lernen Sie sie kennen!

Aufgespürte Weingüter

Rückschau

Weingüter

01.06.2015

Weingut Thörle

Die herrliche Hölle der Thörle
Kaum jemand kannte vor zehn Jahren Saulheim. Und auch nicht die Hölle… Die Familie Thörle betrieb lange Zeit ihr Gut als klassischen Gemischtbetrieb, wie viele in ihrer Rheinhessischen Nachbarschaft auch. Bis ins 16. Jahrhundert lassen sich Spuren Thörlescher Weinbaubemühungen verfolgen. Erst vor knapp zehn Jahren aber, als Junior Johannes (32) nach seinem Weinbaustudium in Heilbronn und einem Praktikum in Südafrika in den Betrieb einstieg, wurde der Gutsfokus scharf gestellt auf Wein.

«Ich erkannte», sagt Johannes Thörle, «dass wir an einigen Stellschrauben drehen mussten und dass uns in unserer Gegend nur Topqualität weiter hilft».
Vater Rudolf war zunächst skeptisch gegenüber den Ambitionen. Zwar hatte auch er schon damit begonnen, aus den eigenen Trauben Wein herzustellen. Aber der Sohn hatte ganz neue Ideen aus seiner Studienzeit mitgebracht. Darunter durchaus Verrücktes: Er wollte etwa den Ertrag der Stöcke willentlich beschränken, indem er gesunde junge Trauben aus den Stauden schnitt…

Aber die sorgfältig ausgearbeiteten Silvaner, Riesling und Spätburgunder verkauften sich trotz der deutlich höheren Preise sehr gut; der Junior hatte von nun an freie Hand. Ein paar Jahre später stiess Bruder Christoph dazu, nach seinem Studium der Wirtschaftsinformatik, das ihn, wie es scheint, geradewegs in die Arme des Weinbergs zurückgetrieben hat – er kümmert sich um das Vertriebsmarketing, ist aber auch beim Ausbau und im Weinberg dabei. Die Brüder sind ein eingespieltes Team, das die Eltern voll und ganz hinter sich weiss.

«Der Erfolg liess nicht lange auf sich warten», ein Satz, den man sehr oft hört. Die Gebrüder Thörle warteten aber gar nicht auf den Erfolg, sie holten ihn sich einfach: Die Rebbau-Fläche wurde in den letzten Jahren mehr als verdoppelt. Das vom Vater nebst einem stattlichen Probierraum erbaute Lager, das überdimensioniert erschienen war, stösst bereits an seine Grenzen. «Die Thörle-Brüder auf dem Weg zu höheren Weihen!», jubiliert Gault Millau und der „Feinschmecker“ löst das Rätsel um die Hölle – „Die Lage „Hölle“ bürgt für Qualität.“ – eine windgeschützte Südparzelle mit viel Kalk.
Wohl dem Weingut, das in der Unterwelt seine besten Reben erntet.

Comeback der Fluren
Rheinhessen bildet ein Dreieck zwischen Worms, Mainz und Bingen. Vor gut 20 Jahren wurde sehr viel süsser Alltagsweine von Neuzüchtungen erzeugt. Die Fluren am Rhein, die einst mit Orten wie Nierstein, Oppenheim und Nackenheim den Ruf des grössten deutschen Weinbaugebietes innehatten, gerieten aus dem Blickfeld der Geniesser. Dann aber erwachte das «Hinterland», Weinorte wie Saulheim holten gewaltig auf. Viele junge, gut ausgebildete Winzer kamen in verschlafenen Betrieben ans Ruder, so dass heute dem Rheinhessenwein wieder allgemein Anerkennung zuteilwird.

Daheim
fühlt man sich, bestens betreut von angenehmen, bodenständigen Menschen. Vielleicht enden deswegen in Rheinhessen viele Orte auf «-heim»? So auch Saulheim. Die 7000-Einwohner-Gemeinde feierte 2013 ihr 1250-jähriges Jubiläum und bietet mit 516 Hektar Rebfläche viele wunderbare Wandermöglichkeiten. Der Ort liegt rund 20 Kilometer südlich von Mainz und ist sehr gut über die A63 zu erreichen. Dass die Bewohner zu feiern verstehen, beweisen sie in den Wochen vor der Weinernte. Zunächst steht am letzten August-Wochenende vom Freitag bis Montag die «Ober-Saulheimer Kerb» auf dem Programm. Zwei Wochen später sind die Nieder-Saulheimer mit der «Ritter-Hundt-Weinkerb» von Freitag bis Dienstag dran.


Weingut Thörle
Weingut Thörle
Ostergasse 40, DE-55291 Saulheim
Tel +49 6732 5543 , Fax +49 6732 960860

Web: http://www.thoerle-wein.de/
E-Mail:
Weingut Thörle

Das Überraschungspaket

Spätburgunder Saulheimer Kalkstein 2013

2016 bis 2020

Kühle, zarte Cassis in der Nase, am Gaumen mit klarer burgundischer Note, feinwürzige Untermalung; schlank strukturiert, aber doch fest gebaut, zarte Frucht (Sauerkirsche), sehr animierend, mit Trinkfluss.

Mariage

Passt zu Carpaccio, klare Tomatenessenz, Ente, Feldhase, gebratenes Rindfleisch.

Riesling Saulheimer Kalkstein 2014

2016 bis 2018

Der Ortswein; würzig im Duft, mineralisch unterlegt; feiner Säureschliff, saftig, verspielte Leichtigkeit, anregend. Ist sehr weit vergoren (nur 3 g/l Fruchtzucker), aber diese ungeschminkte Art macht Spass.

Mariage

Pasteten, leichte Fleischgerichte, Salate, Meeresfrüchte, Risotto, Quiche.

Riesling Saulheimer Hölle 2014

2016 bis 2020

Gewissermassen das «Grosse Gewächs» des Hauses. Grapefruit und Orangenschale im Bouquet, mineralisch-salzige Note, die sich im Geschmack etwas fortsetzt; enorm saftig, rassig, finessenreich.

Mariage

Kalbfleischgerichte, Edelfische, Garnelen und Scampi, Vitello tonnato.