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Aufgespürte Weingüter

Rückschau

Weingüter

01.09.2013

Weingut Philipp Kuhn

Ein Wunderkind im Weingarten
Als der sechzehnjährige Philipp Kuhn seinen Vater dazu überredete, auf dem Familiengut ein mit Huxelreben überwachsenen Hang zu roden und stattdessen einige Zeilen Spätburgunder darauf anzupflanzen, da hätten wohl beide nicht glauben mögen, weder der Vater noch der Sohn, dass von diesen Pflanzen einst ein in der Königsklasse preisgekrönter Wein gelesen werden würde. Genauso glaubten auch Philipp Kuhns Mitabiturienten nicht an seine Zukunft als Winzer, als er erklärte, er nach dem Abschluss aus Passion für den Weinbau das Gut des Vaters übernehmen. In jener Zeit, man schrieb die frühen Neunziger Jahre, war es um den deutschen Weinbau nicht eben rosig bestellt. Kaum jemand setzte damals ernsthaft auf Qualität. Auch der Hof der Familie Kuhn wurde gemischt landwirtschaftlich betrieben und die Trauben wurden an andere Kellereien verkauft. Zudem war die Gegend um Laumersheim in der nördlichen Pfalz auf der Landkarte des Weins kaum nennenswerterweise abgebildet.

Philipp Kuhn mag sich all diese gegen sein Vorhaben sprechenden Faktoren genau vor Augen geführt und nüchtern gegen allfällige Vorteile abgewogen haben. Wahrscheinlicher aber ist, dass einer wie er schlicht die Ärmel hochgekrempelt hat, in jenem fatalistischen Frohsinn, der den tatkräftigen Visionär auszeichnet und sich an die Arbeit machte. Er sollte sie alle überraschen, die Schulkameraden, den Vater und wohl auch sich selber.

Heute verweist Philipp Kuhn auf eine eindrückliche Liste von Preisen und Ehrungen, die er für seine aussergewöhnlichen Weine erhalten hat. Sein Betrieb gehört zu den wenigen Häusern, aus deren Keller auch der anspruchsvolle Weinliebhaber fast blind bestellen kann, um oftmals überrascht, immer aber überzeugt zu werden. Seit 2008 ist Kuhns Rang als internationaler Spitzenwinzer auch an seiner Mitgliedschaft im noblen Verband der Prädikatsweingüter (VDP) ablesen. Den Richtlinien des Verbandes gemäss teilt Kuhn seine Erzeugnisse vierstufig ein in die Gutsweine, die Ortsweine, die Ersten Lagen und schliesslich die Grossen Gewächse. Sie stammen aus drei Lagen, deren Namen bereits die unprätentiöse Finesse mit sich führen, welche ihren Weinen eigen ist: Steinbuckel, Burgweg und Kirschgarten. Und wenn er zurückschaut, ob dann Stolz aufkomme, fragt man sich, wenn man ihn sieht, Philipp Kuhn, das erwachsene Wunderkind, in seinen Reben, im Keller zwischen den Barriques oder auf einer Messe inmitten seiner Flaschen. Aber man hätte es erahnen können. Zurückschauen ist nicht sein Ding, nie auf den Lorbeeren ausruhen, Weinhandwerker bleiben, es geht immer bereits um den nächsten Jahrgang…

Deutschland mediterran
Es heisst, in Deutschland hätte der Herrgott ein Stück Mittelmeer vergessen, die Pfalz. Hier herrscht ein sehr mildes Klima, arm an Niederschlag und Wind. Dementsprechend gedeihen hier auch Zitrusfrüchte, Feigen und sogar Palmen. Bis 1992 Rheinpfalz genannt, ist sie mit ihren 23 500 Hektar Rebfläche das zweitgrösste deutsche Anbaugebiet. Nur Rheinhessen hat mehr zu bieten. Zwar befinden sich die bekanntesten Weinorte, die auch viel Tradition vorweisen können, im Bereich Mittelhaardt zwischen Neustadt an der Weinstrasse und Bockenheim. Aber schon seit etlichen Jahren nützen auch Winzer in der früher gering geschätzten Region «Südliche Weinstrasse» mit ihrem Zentrum Landau das Potenzial dieses Gebietes.

Geradlinig, direkt
so könnte man den Pfälzer Charakter auf einen Punkt bringen: etwas, was sie auch selber gerne machen, etwas auf den Punkt bringen. Wie etwa mit ihren Weinen, denen jedwede Form aromatischer Koketterie und Zier fremd ist. Es herrscht kaum Mangel an Möglichkeiten, diesen schönen Essenzen selber nachzuspüren, das Weinbaugebiet kann eine leistungsfähige Gastronomie vorweisen und ist gut bestückt mit Hotelbetten. Und ein Schlaflager braucht man hin und wieder bei den zahlreichen Weinfesten oder beim Genuss in urigen Gasthäusern, wo noch ein alter Brauch gepflegt wird: Traditionsbewusste Pfälzer trinken ihren Wein aus dem einen halben Liter fassenden «Dubbeglas». Zugleich verurteilen sie den Ausschank in 0,2-Liter-Gläsern als «Betrugsschoppen» und pochen auf das 0,25-Liter-Format.

Gesehen haben muss man in der Pfalz den Dom und das Weinmuseum in Speyer (mit einer Amphore aus dem vierten Jahrhundert, in der sich noch etwas Wein befindet), das Hambacher Schloss hoch über Neustadt an der Weinstrasse (seit 1832 eine Geburtsstätte der deutschen Demokratie) und die ältesten noch im Ertrag befindlichen Reben auf den Fluren von Rhodt unter Rietburg.


Weingut Philipp Kuhn
Weingut Philipp Kuhn
Grosskarlbacher Strasse 20, DE-67229 Laumersheim
Tel +49 (0) 6238 656 , Fax +49 (0) 6238 4506

Web: https://www.weingut-philipp-kuhn.de
E-Mail:
Weingut Philipp Kuhn

Das Überraschungspaket

Riesling trocken Laumers heimer Kirschgarten 2012

2013 bis 2019

Sehr mineralisch im Aroma, unterlegt mit gelben Früchten; im Mund noch jugendlich straff , rassiges Säurespiel und zarte Frucht.

Mariage

Passt zu Fischgerichten, asiatisch angehauchten Speisen, Vitello tonnato, Kalbsbries.

Grosskarlbacher Frühburgunder Réserve 2010

2013 bis 2019

Duftet delikat nach Beeren, Sauerkirsche und Bitterschokolade und präsentiert sich im Geschmack geschmeidig, elegant, mit Temperament.

Mariage

Passt zu Gut gewürztem Grillfleisch, Lamm, Zwiebelrostbraten, zur Lieblingspizza und zur klaren Tomatenessenz.

Spätburgunder «Vom Kalksteinfels» 2008

2013 bis 2018

Rauch, Cassis und Waldbeeren im Aroma; Kräuterwürze, Schokolade und Trüff el im Mund, elegante Facetten, viel Power.

Mariage

Passt zu Rinderbraten, Wild, Lamm, Gans, nicht allzu deftiges Gulasch.