01.04.2016

Secret Spot Wines

Zähe Pracht
Die alten, knorrigen Rebstöcke durchdringen mit ihren Wurzeln den Schiefer und klammern sich in den kargen Böden fest. Teils wachsen sie hier am Oberlauf des Douro in Dutzenden von verschiedenen Sorten auf winzigen Parzellen, eine jede genau ausgerichtet auf die mikro-klimatischen Besonderheiten und die Bodenbeschaffenheit. Der Ertrag ist gering, die kleinen, terrassierten Parzellen sind mühsam zu bearbeiten. Für viele Winzer lohnt sich der Aufwand nicht mehr. Ein unguter Trend, dem der Önologe Rui Cunha und der Agronom Gonçalo Sousa Lopes seit über zehn Jahren entgegenwirken. Vielleicht haben sie etwas vom Durchsetzungsvermögen der uralten Rebstöcke mitbekommen?

Seit über zehn Jahren kaufen sie den Winzern ihre Trauben zu einem Preis ab, der den immensen Aufwand honoriert. In einem gepachteten Kellereigebäude, das aufwändig renoviert und für das Keltern von hochwertigen Qualitätsweinen aufgerüstet wurde, produzieren sie Rot- und Weissweine, die so viel Charakter haben wie jeder einzelne der herrlich kargen Böden.

Sie analysierten versteckt gelegene Rebparzellen hauptsächlich in den Seitentälern des Douro, überzeugten sich vom Zustand der teils weit über 60 Jahre alten Rebstöcke. Aus der Idee wurde ein Projekt, aus dem Projekt ein Erfolg. Heute gehören 19 Winzer zum Secret-Spot-Netzwerk, die auf bis zu 20 Hektar Reben pflegen und ihre Trauben an die Quinta da Faísca liefern.

Das «Alto Douro»
Wein wurde in der Region schon zur Römerzeit angebaut. Da auf den terrassierten Flächen Getreide angebaut wurde, setzte man die Reben in die Lücken der Stützmauern. In der Mitte des 18. Jahrhunderts boomte der Rebbau. Die Engländer förderten Neuanlagen wegen des Nachschubs für die Portweinproduktion. Die starke Nachfrage an Portwein führte zu Überproduktion und minderen Qualitäten. Deshalb wurden die Douro-Rebberge 1756 zur ersten gesetzlich kontrollierten Herkunftsbezeichnung überhaupt. Heute umfasst die Region 45 000 Hektar Rebland. Das Herz der Gegend ist der Cima Corgo rund um Pinhão. Dort wachsen in den Flusstälern die besten Trauben für tiefgründige Rotund hochwertige Portweine.

Zeit und Musse
braucht es für eine traumhafte Landschaft wie das Duorotal. Langsames Reisen und eine zum baumeln bereite Seele ist angesagt. Eine Flussfahrt mit einem typischen Rabelo-Boot gehört ebenso dazu wie eine Fahrt mit der Henschel 0186, einer historischen Dampflokomotive: von Peso da Régua über das Städtchen Pinhão, dessen Bahnhof mit den klassischen portugiesischen Fliesen ausgestattet ist, bis zur Endstation Tua und wieder zurück. Von Juni bis Oktober rattert der Zug jeweils Samstagnachmittags los. Wer mit dem Auto reist, sollte unbedingt in die Höhe fahren. Zahlreiche Miradouros (Aussichtspunkte) wie der São Leonar- do in Galafura locken mit einem weiten Blick übers Tal. Neben zahlreichen kulturhistorischen und baulichen Attraktionen gilt es vor allem die beinahe mystische, altsteinzeitliche Kunststätte im Tal des Rio Côa (Museu do Côa) zu entdecken, deren beeindruckende Ritzzeichnungen hauptsächlich Tiere abbilden.