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Rückschau

Weingüter

01.04.2015

Olivier Decelle

Hansdampf im Weinberg
Zwischen Kühltruhe und Eichenfass bestritt Olivier Decelle sein erstes Jahr als Winzer. Nach seinem 29. Altersjahr führte Decelle die Firma des Vaters, Picard, Spezialist für Tiefkühlkost. Als er anfing, zählte die Gruppe gerade 24 Läden. Heute ist Picard eine der wenigen Marken, die in Frankreich jeder kennt, mit 500 Verkaufsstellen landesweit. Geheimnis des Erfolgs ist nicht der tiefstmögliche Preis, sondern das bestmöglichste Produkt. Mit dieser Maxime stieg Olivier Decelle Ende der 90er Jahre auch ins Weingeschäft ein, zunächst mit dem Erwerb vom Mas Amiel, einem legendären Weingut im Roussillon. Dem Spagat zwischen Konzernchef und Weinmacher setzte er allerdings nach einem Jahr ein Ende und schied aus dem Aufsichtsrat von Picard aus. Auf Mas Amiel liess er ausgedehnte Bodenstudien machen, die ergaben, dass auch die Herstellung von trockenen Rotweine möglich sein sollte, dies in einer Appellation und Nachbarschaft, die einzig süsse Erzeugnisse produziert.

Decelle handelt, stürzt sich kopfvoran in die Produktion trockener Rotweine, lässt sich durch Hohn und Spott nicht von seinem Weg abbringen. Anfangs war Mas Amiel freilich ein Albtraum. Doch Decelle bringt das ziemlich vernachlässigte Gut in Rekordzeit auf Vordermann. Kaum zwei Jahre später erwirbt er Château Haut Maurac im Norden des Médoc. Und wiederum nur ein paar Monate darauf kauft er den «Château Haut Ballet» in Fronsac am rechten Ufer der Dordogne. Mit dem Erwerb von «Château Jean Faure» in Saint Emilion (vorgestellt im Club Packet) in unmittelbarer Nachbarschaft von «Pétrus» und «Cheval Blanc» setzt Decelle 2004 seiner Weinunternehmer-Politik die Krone auf, komplettiert sein ganz persönliches Weingut-Quartett. Decelle musste tief in die Tasche greifen, denn die Anwesen waren in einem traurigen Zustand; finanziell wurde es gelinde gesagt brenzlig. Doch die Durststrecke ging ab 2007 zu Ende. Was den heute sechzigjährigen Olivier Decelle allerdings bloss zu neuen Flausen antrieb: 2010 gründetet er mit Freund Pierre-Jean Villa ein Handelshaus im Burgund.

Der Erfolg gibt ihm recht, alle seine Weingüter bringen beachtliche Qualität hervor, stets nah an Traube und Terroir. Schnickschnack sucht man vergebens, die Eingriffe im Keller sind spärlich und seit 2014 setzt Decelle auf biologischen Anbau. Die in zehnjährigem Abstand erfolgenden Revisionen der Klassierung von Saint-Emilion windet ihm ein Lorbeerkränzchen: 2012 steigt das Gut «Jean Faure» in den engen Kreis der Grands Crus Classés auf. Nach über zehn Jahren harter Arbeit wird Olivier Decelle in Bordeaux und der übrigen Weinwelt als talentierter Weinmacher ernst genommen.

Saint Emilion – Weltkulturerbe
Seit 1999 gehören die Reblagen von Saint-Emilion mit dem mittelalterlichen Städtchen und den pittoresken Dörfern inmitten der hügeligen Weingärten zum UNESCO-Weltkulturerbe. Das gleichnamige Herkunftsgebiet liegt am rechten Ufer der Dordogne, östlich von Bordeaux. Neun Gemeinden, die es gemeinsam auf 5000 Hektaren Rebfläche bringen, dürfen den Namen der Appellation beanspruchen. Die historischen Weingärten sind offiziell zu 60 Prozent mit Merlot besetzt. Doch in der Assemblage dominiert er meist deutlich mit bis zu 100 Prozent. Rar sind die Güter (Ausone, Cheval Blanc, Figeac und Jean Faure) die der zweiten Hauptsorte, dem Cabernet Franc, Vertrauen schenken.

Wer durch Saint-Emilion geht…
wandelt in einem Gesamtkunstwerk, berühmt für seine Weine, seine Landschaft, sein Städtchen. Es liegt rund 30 Kilometer östlich von Bordeaux auf einem Kalksteinplateau, rund 90 Meter über der Dordogne. Der Ort gab der Appellation den Namen, die zu den ältesten Weinbaugebieten der Region gehört. Wein wurde hier schon zur Römerzeit angebaut.

Wer durch die engen, steilen Gassen schlendert, vorbei an gelben Kalkstein- und Fachwerkhäusern, wähnt sich in einem Freilichtmuseum. Auf dem gepflasterten Marktplatz laden zahlreiche Brasserien zum Verweilen ein (es darf auch ein Glas Wein sein), hinter jeder Ecke gibt es etwas zu entdecken, den Duft der Macarons, des regional-typischen Mandelgebäcks, Weinhandlungen, Gemäldegalerien, Ateliers von Kunstnäherinnen. Nicht weniger als 17 historische Monumente sammeln sich auf engstem Raum; Kirchen und Klöster, Waschhallen, alte Mühlen, Stadttore und herrschaftliche Bauwerke aus dem 15.Jahrhundert.


Olivier Decelle
Olivier Decelle
Siège social Olivier Decelle, FR-66460 Maury
Tel +33 68 29 01 02 , Fax +33 68 29 17 82


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Olivier Decelle

Das Überraschungspaket

Château Jean Faure 2012

2015 bis 2025

In der Nase dezente Holzaromatik mit hübschen Beerennoten. Im Mund herb und dicht, vollmundig, rassig, herbes, frisches Tannin. Stiltreu und in sich stimmig, weil moderat gekeltert.

Mariage

Passt zu Lamm mit Thymian, Wildgeflügel und Pilzen, Weichkäse.

Château Haut Ballet 2012

2015 bis 2021

Kräftiges, dunkles Rubin. In der Nase verführerisches Bouquet von schwarzen Beeren, im Mund dicht und voll, reifes, knackiges Tannin, endet auf fruchtigwürzigen Noten.

Mariage

Passt zu Schmorbraten, Tournedos oder Entenbrust.

Château Haut-Maurac 2012

2015 bis 2025

Leuchtendes Kirschrot. In der Nase etwas verschlossen, nach Belüftung Noten von roten Beeren. Im Mund fruchtigherb, mittlere Dichte, etwas aufgerautes Tannin, insgesamt ausgewogen.

Mariage

Passt zu grilliertem Rindfleisch, Wild, Nachtisch mit Schwarzen Johannisbeeren.